„Für alle, die etwas zu mentaler Gesundheit beitragen wollen“

0

Dr. Cornelia Martens

Mentale Gesundheit und die Auseinandersetzung damit sind Themen, die während der Peeks der Coronapandemie eine neue Aufmerksamkeit erlebten. Immerhin hatten viele Menschen auf einmal mit unerwartetem Druck, Unsicherheit und Ängsten zu kämpfen, nicht wenige davon tun dies nach wie vor. Dr. Cornelia Martens, Geschäftsführerin des EAP-Instituts, beschäftigt sich schon lange damit, mehr Bewusstsein für dieses Thema zu schaffen.

Wir führten letztes Jahr schon ein Gespräch zu dem Employee Assistance Program mit ihr. EAP ist eine Serviceleistung für Firmen und ihre Mitarbeiter:innen im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung. Seither hat sich beim EAP Instituts einiges getan: So wurde zum Beispiel die neue Wellbeing-Onlineplattform entwickelt, die ein umfassendes interaktives Angebot für Firmen aber auch für Privatpersonen bietet. Für Body & Mind – so lautet das Motto und gibt damit schon einen Einblick in das umfassende Konzept der Plattform, die sich auf psychische und physische Gesundheit fokussiert. Cornelia Martens erzählt im Gespräch mit den Personalberaterseitenblicken, was sich Nutzer:innen erwarten können.

Personalberaterseitenblicke: Frau Dr. Martens, zum EAP-Konzept für Unternehmen haben wir ja vor einiger Zeit schon miteinander gesprochen. Jetzt gibt es zusätzlich die neu eingeführte Wellbeing-Plattform. Erzählen Sie uns doch, was man sich darunter vorstellen kann. Was war die Idee dahinter?

Dr. Cornelia Martens: Die Idee dahinter ist schon vor Corona entstanden. Wir wollten dazu beitragen, das Thema mentale Gesundheit von dieser angstbesetzten Vorstellung zu befreien, dass über psychische Erkrankungen nicht gesprochen werden darf. Als Corona kam, hatten wir die Zeit, die Idee näher auszuformen und entwickelten ein komplett neues Produkt. Momentan kann die Plattform über den Browser aufgerufen werden, es ist aber auch eine App für mobile Geräte geplant. Die Plattform ist modulbasiert aufgebaut, das heißt es gibt Module zu verschiedenen Themen der psychischen Gesundheit, wie zum Beispiel Stress, Depressionen, Schlaf, Angst, Kindererziehung, und ähnliche. Dazu gibt es unter anderem Videokurse, die in kürzere Einheiten aufgeteilt sind. Zusätzlich gibt es Artikel, weiterführende Literatur und Buchempfehlungen sowie Podcasts zu den einzelnen Themen. User:innen können auch nach spezifischen Themen suchen. Zum Beispiel zu Burnout, dazu finden sie dann alle passenden Videokurse, Bücher, die gleich im Buchhandel bestellt werden können, Artikel, Podcasts und so weiter. Weiters gibt es auch psychologische Selbsttests. Die Wellbeing-Plattform soll also nicht nur das Thema psychische Gesundheit näherbringen, sondern auch lösungsorientiert Informationen bieten, wie zum Beispiel Tipps und Tricks, wie man psychisch gesund bleibt.

Inwiefern unterscheidet sich die Wellbeing-Plattform von Ihrem bisherigen Angebot?

Auf der Plattform gibt es auch Mitgliedschaften für Einzelpersonen. Das heißt, jede:r Privatnutzer:in kann sich um €9,90 eine monatliche Mitgliedschaft holen. Die gesamten Inhalte stehen der Person dann zur Verfügung. Für Firmen haben wir Spezialpreise, somit kann die gesamte Wellbeing-Plattform für alle Mitarbeiter:innen angekauft werden, mit dem Hintergedanken, etwas zur psychischen Gesundheit der Beschäftigten beizutragen. Wir haben Kunden, die zum Beispiel über kein EAP verfügen, eine eigene Arbeitspsychologie haben oder sogar EAP über einen anderen Anbieter beziehen und bei uns letztlich die Wellbeing-Plattform dazu nehmen.

Die Wellbeing-Plattform zielt also hauptsächlich auf das Selbststudium der User:innen ab?

Genau. Das Angebot ist somit noch niederschwelliger. Niemand weiß, wenn ich mich einlogge. Auch die Firmenzugänge sind so generiert, dass niemand Zugriff auf diese Informationen hat. Es gibt also unterschiedliche Mitgliedschaften, aber es ist keine Voraussetzung, EAP-Kund:in bei uns zu sein. Wir haben die Plattform für alle aufgemacht, die Interesse daran haben, etwas zu mentaler Gesundheit beizutragen.

Gibt es für User:innen auch die Möglichkeit, eine persönliche Beratung in Anspruch zu nehmen?

Die Plattform ist momentan komplett auf Basis des Selbststudiums konzipiert und fungiert als Ergänzung zum Thema psychische Gesundheit. Für private User:innen testen wir gerade die Möglichkeit aus, direkt Termine zu buchen. Bei Mitgliedschaften von Einzelpersonen gibt es einen Kalender, in dem man überprüfen kann, ob zum Beispiel ein:e Kolleg:in aus einem der Videomodule oder auch andere Personen aus unserem Berater:innenteam Zeit für ein videobasiertes Gespräch haben. Dieses Feature implementieren wir momentan und testen, wie das bei den Nutzer:innen ankommt. Eventuell wird das ein Zusatzprodukt, das auch Firmenkund:innen in Zukunft angeboten werden kann. Im Moment ist es so, dass für Unternehmen EAP die Option mit Beratung ist und die Wellbeing-Plattform sich auf das videobasierte Selbststudium, Informationsweitergabe sowie Tipps und Tricks fokussiert.

Was ist der Nutzen für den:die Besucher:in der Plattform?

Einer der größten Nutzen ist, dass User:innen zu einem Thema auf einen Blick die wichtigsten Informationen, Tipps und Tricks erhalten. Es gibt die Videos, man kann sich informieren und auch mittels eines Selbsttests überprüfen, ob man bei einem Thema eventuell selbst gefährdet ist. Weiters kann man nach passender Literatur suchen. Wir haben wirklich versucht, die Plattform so kondensiert wie möglich zu gestalten und die besten Anregungen zur Verfügung zu stellen. Natürlich kann sich jede:r im Internet alle möglichen Videos anschauen. Wir haben aber einen hohen Qualitätsanspruch und User:innen erhalten eine sofortige qualifizierte Hilfestellung.

Es gibt mittlerweile einige Plattformen, die sich auf psychische Gesundheit spezialisieren. Warum glauben Sie, dass gerade die Wellbeing-Plattform besonders erfolgreich sein wird?

Wir haben recherchiert und tatsächlich nichts gefunden, was all das verbindet, das wir anbieten. Es gibt natürlich Selbstlern-Plattformen der unterschiedlichsten Art, die sind aber ganz anders aufgebaut. Dort fehlt die Information, weiterführende Literatur, Selbsttests und so weiter. Wir haben zumindest noch nichts gesehen, dass all jenes verbindet, das wir auf unserer Plattform vereint haben. Das ist einzigartig und bietet überdies einen niederschwelligen Zugang für Einzeluser:innen und Firmen. Unternehmen können den Bereich der mentalen Gesundheit bestmöglichst auslagern und ihren Mitarbeitenden eine lösungsorientierte Option anbieten. Ein Kunde von uns hat beispielsweise zuerst selbst kurze Videos zum Thema gedreht und ist dann draufgekommen, dass das sehr zeitaufwendig und mühsam ist. Schlussendlich hat er den Bereich an uns ausgelagert. Also um die Frage nochmals zu beantworten, ich glaube, dass die Wellbeing-Plattform ganz vieles verbindet, was es an unterschiedlichen Stellen vielleicht schon gibt und das ist in dieser Form und Gesamtheit einzigartig.

Wir haben ja auch in unserem letzten Gespräch festgestellt, dass die Coronapandemie die Offenheit für mentale Gesundheit gefördert hat. Wie sehen Sie das aktuell beim EAP-Institut? Welche Erfahrungen haben Sie in den letzten Monaten damit gemacht?

Ich glaube, dass die Offenheit nach wie vor im Steigen ist. Ebenso die Bereitschaft von Einzelpersonen, Angebote im Umfeld der psychischen Gesundheit zu nutzen. Auf der anderen Seite haben auch Firmen mehr Bewusstsein dafür entwickelt. Der Bedarf bei den Mitarbeitenden ist seit Beginn der Pandemie gestiegen und je länger die Pandemie dauert, desto mehr Leute kommen zu uns. Viele von ihnen sind, metaphorisch gesagt, einen Marathon gelaufen. Aber wir haben noch ein Stück vor uns. Gerade dort, wo die Menschen am Anfang sehr motiviert waren, beginnt jetzt die Motivation wegzubrechen. Es fehlt die Erholung aufgrund der vielen Einflüsse, die die Unsicherheit mit sich gebracht hat. Die Offenheit für Hilfeleistungen steigt also. Viele Themen, die aktuell in der Beratung aufkommen, gehen in Richtung psychotherapeutischen Bedarf. Firmen haben ein Bewusstsein dafür entwickelt, ihre Mitarbeitenden dabei zu unterstützen, auch in Zukunft stabil und gesund zu bleiben. Wie bleibe ich gesund und resilient? Dabei ist einerseits EAP im Sinne von Beratung nach wie vor essenziell, auf der anderen Seite ist es wichtig, Zusatzmöglichkeiten und Wissen zu bieten. Es ist erleichternd zu sehen, dass man nicht der:die Einzige mit Schlafstörungen ist, zum Beispiel. Dann kann man sich informieren, was im Körper passiert und was man dagegen tun kann. Deshalb ist die Plattform eine sehr gute Ergänzung.

Also ist die Wellbeing-Plattform auch als eine Art Prävention gedacht?

Genau. Zur Prävention aber auch zur Bewusstseinsschaffung. Wenn ich ständig Ängste habe und nicht damit umgehen kann, was macht das eigentlich mit mir und letztlich auch mit meinem Körper? Was macht es mit meiner Widerstandsfähigkeit? Es geht um Prävention aber auch stark darum, Bewusstsein für das Thema der psychischen Gesundheit zu schaffen. In den letzten Jahrzehnten ist in diesem Bereich viel passiert und wir wollen dazu beitragen, diese Hemmschwelle noch ein Stück weit zu senken. Ein Video, ein Buch, ein guter Artikel oder ein Podcast, den ich im Zug höre, können dabei helfen, Bewusstsein dafür zu entwickeln.

Interviewt: 02.03.2022Dr. Cornelia Martens, Geschäftsführerin EAP Institut
Juristin, Mediatorin, Dipl. Psychologische Beraterin, systemischer Wirtschaftscoach


Die Wellbeing-Plattform im Praxistest

Beispiel für eap Kurse

Wir durften die Wellbeing-Plattform des EAP Instituts zusätzlich zu dem Interview zwei Tage lang im März testen. Die Plattform unterteilt sich in Video-Kurse, Artikel, Bücher, Podcasts, Selbsttests und Checklisten. Durch die verschiedenen Ausspielmöglichkeiten (Videos, Podcasts, Artikel, usw.) ist für jede:n etwas dabei – egal, ob man nun visuell veranlagt oder audioaffin ist. Wie beschrieben sind die verschiedenen Module in Form von Kursen zu unterschiedlichen Themen zu finden. Neben den schon von Frau Dr. Martens im Gespräch genannten Themenfeldern sind auch Kurse zu Ressourcenaktivierung, Konflikten in Paarbeziehungen, Resilienz, Entspannung im Alltag oder Epigenetik zu finden. Die Artikel sind passend zu den Modulthemen gestaltet. Es gibt aber auch spezielle Themen, wie beispielsweise Hilfestellungen während der Coronapandemie. Darunter fallen Beiträge wie ein „Erste-Hilfe-Koffer“ für die Zeit mit Corona, Homeoffice-Tipps oder was Menschen in einer Krise wie der Pandemie hilft. Besonders hilfreich sind auch die Checklisten, die dabei unterstützen sollen, „Platz im Gehirn zu schaffen, Energie & Zeit zu sparen“. Hier findet man Tipps, die die Planung großer persönlicher Projekte, wie zum Beispiel ein Umzug, Urlaub und Reise oder der eigenen Hochzeit erleichtern.

Beispiele für eap Checklisten

Monatlich kommt mindestens ein neuer Kurs mit sechs bis sieben Unterkursen dazu. Obwohl der Schwerpunkt der Plattform eindeutig auf der mentalen Gesundheit liegt, wird auch der körperliche Aspekt nicht ausgespart. So gibt es beispielsweise einen Yoga-Grundkurs und einen Kung-Fu-Kurs, die zum aktiven Training zuhause animieren. Von den Rückmeldungen der Nutzer:innen hängt nun ab, wie viele weitere solche Kurse dazukommen werden. Ein besonderes Augenmerk soll auch auf Meditation und Atemübungen liegen, dazu ist ein umfangreiches Programm geplant. Je mehr Inhalte integriert werden, desto zielgerichteter können User:innen nach den Themen filtern, die sie tatsächlich gerade brauchen können.

Wellbeing setzt sich aus vielen verschiedenen Komponenten zusammen: mentale Gesundheit, Bewegung aber auch Ernährung. Die EAP Wellbeing-Plattform deckt diese Bereiche in vielen verschiedenen Formen ab und entwickelt ihre Inhalte kontinuierlich in Rücksprache mit ihren Nutzer:innen weiter. Ein spannendes Konzept, das das Angebot für mentale Gesundheit in Österreich definitiv bereichert.

Teilen.