Mit dem Employee Assistance Program: Hilfe für die mentale Gesundheit von Mitarbeiter:innen

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Ein Employee Assistance Program, kurz EAP genannt, ist im Personalwesen eine Serviceleistung  zur Mitarbeiter:innenberatung, die durch externe Unternehmen im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung angeboten und durchgeführt wird. Einer der größten Anbieter in Österreich ist das EAP Institut.

Welche Vorteile ein EAP Service bietet, wie der Ablauf funktioniert und welche Herausforderungen gerade in Coronazeiten zu bewältigen sind, darüber haben wir mit Dr. Cornelia Martens (Geschäftsführerin) und Lukas Nohynek, (Engagement & Acquisition Provider) vom EAP Institut gesprochen.

 

Frau Dr. Martens, Herr Nohynek – wie können Unternehmen gerade in Coronazeiten vom EAP Institut profitieren?

Dr. Cornelia Martens: Unsere bestehenden Kunden hatten zur Beginn der Pandemie, als viele Menschen gleichzeitig enormen psychischen Belastungen ausgesetzt waren, den Vorteil, Mitarbeiter:innen darauf hinzuweisen, dass es  bereits Unterstützung durch ein EAP für sie gab, und sie sich jederzeit bei uns psychologisch unterstützen lassen konnten. Andere Unternehmen, die noch nicht unsere Kunden waren, fragten gerade zu Beginn der Pandemie verstärkt nach einem EAP Service. Das hat sich bis dato nicht geändert.

Sobald ein Vertrag abgeschlossen ist, können sich Mitarbeiter:innen jederzeit unkompliziert und anonym, ohne Rückfrage bei ihren Vorgesetzten oder der HR, direkt an uns wenden. Sie erhalten für sich als Ratsuchende (aber auch für Ihre Angehörigen, das ist eine weitere Besonderheit eines EAP) kostenfrei eine hochqualifizierte Beratung, auch in psychologischen Anliegen. Ich denke, das ist insofern wichtig, weil die Themen, die besprochen werden, oftmals von Betroffenen nicht nach außen getragen werden wollen. Wer fragt schon gerne bei der HR-Abteilung um Unterstützung an, wenn er oder sie eine Ehekrise hat, die äußerst belastend ist oder Schlafstörungen, die die Konzentration bei der Arbeit beeinträchtigen?

Welche Angebote umfassen ihre Beratungsleistungen und wie oft können Mitarbeiter:innen in die Beratung kommen?

Dr. Cornelia Martens: Wir bieten für die Mitarbeiter:innen einen niedrigschwelligen, anonymen und kostenfreien Zugang zu einem breiten Feld an Beratungsleistungen an. Dabei ist Hilfeleistung nicht nur bei beruflichen oder psychologischen Belangen möglich. Wir bieten ebenso Beratungen bei jeglicher Form von privaten Anliegen oder Herausforderungen an – von psychologischer Beratung bis zur Erstberatung durch einen Rechtsanwalt. Ebenso gibt es ein eigenes Familienservice, das bei der Organisation von Kinderbetreuungsplätzen hilft, sollte das gewünscht sein. Der Fokus liegt aber bei der Erhaltung der psychischen Gesundheit. Vertragsabhängig haben die Ratsuchenden je nach Thema bis zu 6 Beratungsstunden (pro Thema).

Was motiviert ein Unternehmen, seinen Mitarbeiter:innen auch bei privaten Problemen Unterstützung anzubieten?

Dr. Cornelia Martens: Das ist eine berechtigte Frage. Allerdings wissen wir seit einigen Jahren, dass nicht nur berufliche Stresssituationen zu Überbelastung und Burnout führen können. Private Konflikte können ebenso belastend sein. Häufig ist es eine Kombination beider Bereiche, dem beruflichen und dem privaten. So können beispielsweise private Konflikte durchaus einen negativen Einfluss auf die Arbeitsleistung der betroffenen Person haben. Belastungen aus dem Homeoffice oder Homeschooling sind typische Themen, die seit COVID-19 bei uns in der Beratung landen. Personen, die überlastungsbedingt längerfristig erkranken, sind, neben dem menschlichen Leid für die Betroffenen, letztlich auch ein Kostenfaktor für das Unternehmen. Gesunde Mitarbeiter zahlen sich für ein Unternehmen also auch finanziell aus.

Für die Betroffenen, die zu uns in die Beratung kommen, geht es darum rasch, lösungsorientiert und nachhaltig eine Erleichterung ihrer herausfordernden Umstände erarbeiten zu können. Dabei unterstützen wir professionell und mit viel Empathie mit unserem EAP-Team. Immer mit dem Ziel, zur psychischen Gesundheit der Mitarbeiter:innen beizutragen und ihnen dadurch den Kopf auch für die Arbeit freizuhalten.

Ersetzt EAP eine Psychotherapie?

Dr. Cornelia Martens: Nein, EAP ist kein Ersatz für eine Psychotherapie, wenngleich fast zwei Drittel unserer EAP-Berater:innen Psychotherapeut:innen sind, die bei uns allerdings mit den Klienten in einer lösungsorientierten Kurzzeitberatung arbeiten.  Wenn innerhalb der Beratung klar wird, dass es einen medizinischen oder psychotherapeutischen Bedarf gibt und ein:e Neurologe:in oder ein:e Psychiater:in, der:die Experte:in der Wahl wäre, verweisen wir Mitarbeitenden an  die kompetenten Spezialist:innen weiter.

Das beste Feedback, das wir bekommen können, sind Mitarbeiter:innen, die bereits nach wenigen Sitzungen wieder ihren Lebensrhythmus gefunden haben, die einen konstruktiven Umgang mit vorher schwer oder nicht bewältigten Herausforderungen gefunden haben und die uns weiterempfehlen.

Worin liegt der Vorteil eines EAP gegenüber zB einem hausinternen Coaching-Pool, den viele Unternehmen ja bereits haben?

Dr. Cornelia Martens: Unser Ansatz ist im Gegensatz zu Coaching Pools wesentlich weiter gefasst: die Mitarbeitenden bekommen bei uns neben Coachings bei Bedarf auch psychologische Beratung. Unser Fokus liegt darauf, Mitarbeiter:innen gesund zu erhalten und Themenbereiche sowohl privater als auch beruflicher Natur abzudecken. Dabei können nicht nur die Mitarbeitenden selbst, sondern auch die im gleichen Haushalt lebenden Angehörigen zu uns in die Beratung kommen. Dieser weitgefasste systemische Ansatz ist ein wesentlicher Unterschied zu allen anderen Angeboten, die nur von Arbeitnehmer:innen und meist nur zu beruflichen Thermen in Anspruch genommen werden können. Wie schon erwähnt, wenden sich Mitarbeiter:innen direkt ohne Umweg über hausinterne Stellen, wie zB der HR, an uns.

Wie profitiert ein:e Arbeitgeber:in davon, dass er:sie EAP anbietet?

Dr. Cornelia Martens: Ganz allgemein gibt es zahlreiche Studien dazu, was ein bereits etabliertes EAP bewirkt. Kennzahlen belegen eindeutig, dass Krankenstände sinken und die Zufriedenheit der Mitarbeitenden stetig steigt.

Unternehmen, die EAP-Leistungen anbieten, schauen prinzipiell schon ein Stück weit über den Tellerrand hinaus und überlegen sich, wie sichergestellt werden kann, dass Mitarbeitende nicht nur gesund, sondern letztlich auch zufriedener sind. Es zeugt auch von einer hohen Wertschätzung des Unternehmens den einzelnen Mitarbeiter:innen gegenüber, dass ein derartiges Unterstützungsangebot angekauft wird .

Dies bewirkt – in Studien belegt – dass die Mitarbeiterbindung und das Vertrauen ins Unternehmen steigen. Die Tatsache, dass es keinerlei Rückmeldungen von uns an das Unternehmen gibt, welche:r Arbeitnehmer:in eine Serviceleitung in Anspruch genommen hat, erhöht die Bereitschaft der Belegschaft, die Unterstützung in Anspruch zu nehmen .

Am Ende des Jahres erhalten die Unternehmen einen qualifizierten und anonymisierten Leistungsbericht, in dem prozentuelle Angaben über die Beratungsthemen zur Verfügung gestellt werden.

Was bringt einem Unternehmen ein solches Reporting?

Dr. Cornelia Martens: Das zusammenhängende Reporting, das wir am Ende des Jahres für den Kunden erstellen, indem wir die Beratungsleistungen, die von uns erbracht wurden, anonymisiert zurückmelden, ist eine Außenansicht auf das Unternehmen. Gleichzeitig können wir im Vergleich zu den Vorjahren sehen, inwiefern sich eventuelle Belastungsfaktoren verändert haben. Wir teilen in dem Bericht auch mit, ob es im Verhältnis zu anderen Kunden überdurchschnittlich viele Beratungen in einem spezifischen Themenbereich gab.  Wenn beispielsweise im Normalfall zwei Drittel der Beratungen aus dem privaten Bereich kommen, bei einem Unternehmen aber besonders viele Burnout-Themen aufgekommen sind, wird dies im Leistungsbericht explizit angesprochen und es kann gegebenenfalls in der Folge evaluiert werden, welche weiteren Maßnahmen getroffen werden können, um eine solche Situation zu verbessern.

Wissen Sie, welche Themen derzeit bei EAP-Beratern am meisten nachgefragt werden?

Dr. Cornelia Martens: Auffällig ist, dass die meisten Anfragen, die wir im Moment erhalten, stark in eine psychotherapeutische Richtung gehen. Von Depressionen über Schlaf- bis hin zu Angststörungen – das sind nicht unbedingt Themen, die man gerne im Unternehmen bekannt gibt. Diese Angelegenheiten haben eindeutig zugenommen. Mit dem einfachen Anruf bei uns gibt es sehr schnell einen direkten telefonischen Beratungstermin und zeitnahe auch ein Gespräch in unseren Beratungseinrichtungen in der Nähe der Mitarbeitenden. Einer der größten Vorteile ist die zeitnahe Hilfestellung, die wir gewähren können. Lange Wartezeiten gibt es bei uns nicht.

Wir merken auch, dass Homeoffice und Homeschooling die Gesundheit der Mitarbeitenden stark beeinträchtigen, da zusätzliche Stressfaktoren dazugekommen sind. Die Grenzen zwischen beruflichen und privaten Bereichen verschwimmen zunehmend, wodurch auch die Überbelastung stark zugenommen hat.

Zunehmend gibt es Anfragen von Eltern, die sich mit Kindern an uns wenden, die unter diversen psychischen Symptomen leiden. Auch das hat es in der Vergangenheit kaum bis gar nicht gegeben.

Lukas Nohynek: Die Beratungsthemen sind zurzeit logischerweise ziemlich coronalastig. EAP ist natürlich da, wenn die Belastung bereits sehr hoch ist. Dadurch, dass diese Krise jede:n auf irgendeine Art getroffen hat – sei es durch Homeoffice, Homeschooling oder Ähnlichem – hoffen wir, dass das Bewusstsein hinsichtlich Sorgen, Ängsten, etc. gestärkt wurde.

Andererseits ist EAP auch ganz stark eine Präventionsmaßnahme. Natürlich sind wir da, wenn es Krisen gibt. Noch lieber sind wir aber präventiv da. Das ist schön, weil Unternehmen, die jetzige Situation zum Anlass nehmen, um die Wichtigkeit von mentaler Gesundheit zu erkennen. Darin sollten wir investieren, weil dieses Bewusstsein uns allen etwas bringt.

Kleine Krisen in Unternehmen gibt es immer, sei es innerhalb eines Teams, mit der Führungskraft oder aber auch privat. Gerade diese privaten Geschichten sind in letzter Zeit sehr sichtbar geworden, eben weil es jede:n getroffen hat. Das wäre ein guter Anlass, um zu sagen: EAP ist eine dauerhafte und präventive Maßnahme. Man sollte idealerweise nicht dann erst zum Arzt gehen, wenn ein Problem akut geworden ist, sondern am besten mit einer regelmäßigen Gesundenuntersuchung vorsorgen. So ist es auch bei der mentalen Gesundheit – deren Wichtigkeit schon vorher zu erkennen und präventive Aktionen zu setzen, das ist unser Appell.

 

Interviewt: 05.05.2021, Dr. Cornelia Martens, Geschäftsführerin EAP Institut
Juristin, Mediatorin, Dipl. Psychologische Beraterin, systemischer Wirtschaftscoach

Lukas Nohynek, MA, Engagement & Acquisition Provider EAP Institut
Vertriebsmensch aus Berufung mit Leidenschaft für Employee Engagement

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