Richtig Trennen will gelernt sein: 12 Gebote, menschlich und rechtlich

0

Michaela Buttazzoni von der OTM Karriereberatung GmbH / Lee Hecht Harrison Austria weiß wie es geht. Mag. Walter Reisenzein, Managing Director von OTM beschreibt die methodisch-menschliche und Dr. Anna Mertinz die rechtliche Sichtweise.

Die 12 Gebote einer menschlich und rechtlich richtigen Trennung.

Reisenzein und Mertinz

Methodisch-Menschlich
Mag. Walter Reisenzein
Rechtlich
Dr. Anna Mertinz

Gebot 1: Bereiten Sie sich auf dieses Gespräch wie auf eine wichtige Verhandlung vor!
Arbeiten Sie Checklisten ab, was bei Trennungsgesprächen zu berücksichtigen ist. Schreiben Sie die Formulierungen auf, die Sie verwenden wollen. Definieren Sie ein Ausstiegspaket mit allen monetären und nicht-monetären Aspekten (z.B. Höhe der Abfertigung, Verwendung des Firmenwagens, Outplacement Beratung für die Suche nach einem neuen Job). Informieren Sie im Trennungsgespräch darüber und übergeben Sie eine schriftliche Zusammenfassung. Mit einer guten Vorbereitung erleichtern Sie die Situation nicht nur sich selbst und den Betroffenen, sondern können auch viel für die Firmenkultur tun, weil auch die verbleibenden Mitarbeiter meist sehr genau beobachten, wie das Unternehmen mit dem heiklen Thema Kündigung umgeht.
Gebot 1: Überlegen und evaluieren Sie die möglichen rechtlichen Konsequenzen und Risiken einer Trennung
Grundsätzlich gilt im österreichischen Arbeitsrecht (mit einigen Ausnahmen) das Prinzip der Kündigungsfreiheit. Eine Trennung soll jedoch immer der letzte Weg sein. Gekündigte Arbeitnehmer haben viele Möglichkeiten, gegen eine Kündigung/Entlassung zu klagen. Ist die Kündigung/Entlassung einmal ausgesprochen, kann sie nicht mehr ohne weiteres ungeschehen gemacht werden und es dauert oft nicht lange, bis eine Klage ins Haus flattert.
Gebot  2: Führen Sie ein persönliches Gespräch
Kündigen ist wie eine Scheidung im Berufsleben, daher niemals ohne persönliches Gespräch. Schriftlichkeit kann parallel durch Übergabe eines Kündigungsschreibens erfolgen, jedoch nicht per E-Mail oder als Schreiben im Postkasten oder auf dem Schreibtisch ohne vorheriges persönliches Gespräch (All das kommt in der Praxis leider vor!).
Gebot  2: Trennung ist nicht gleich Trennung! Achten Sie auf die Wortwahl
Das österreichische Arbeitsrecht kennt verschiedene Trennungsarten (insbesondere: ordentliche Kündigung, Austritt bzw. Entlassung aus wichtigem Grund, einvernehmliche Beendigung, Zeitablauf bei Befristung oder Auflösung im Probemonat). Halten Sie Trennungsarten begrifflich auseinander, sie haben unterschiedliche Voraussetzungen und Konsequenzen. Aussagen wie „Ich schlage eine einvernehmliche Kündigung vor“, „Hiermit kündige ich Sie im Probemonat“ oder „Eine weitere Zusammenarbeit mit Ihnen ist für uns unzumutbar“ sind unklar und daher kritisch.
Gebot 3: Delegieren Sie nie eine Kündigung
Dieses Gespräch sollte der direkte Vorgesetzte führen. Es gehört zu den Führungsaufgaben, Emotionen der Betroffenen auszuhalten, egal ob es um Schock, Abwehr, Gegenangriff oder Tränen geht. Wer das Gespräch an die Personalabteilung delegiert, ist als Chef eine Fehlbesetzung.
Gebot  3: Beachten Sie Formvorschriften und Fristen
Fehler bei der Berechnung der Kündigungsfristen und -termine sowie Formfehler gehören zu den absoluten Dont’s. Erreicht die Kündigung den Arbeitnehmer nicht rechtzeitig oder wird das betriebsverfassungsrechtliche Vorverfahren nicht eingehalten, ist die Kündigung unwirksam. Gleiches gilt für eine Entlassung, die möglicherweise berechtigt, aber zu spät erfolgt. Beachten Sie, dass eine Kündigung oder Entlassung dem Arbeitnehmer zugehen muss, um wirksam zu werden. Prüfen Sie auch, ob besondere Formvorschriften gelten.
Gebot 4: Planen Sie ausreichend Zeit ein!
Insgesamt sollte eine Stunde eingeplant werden, um zuhören zu können, die Reaktionen auszuhalten und eventuelle Fragen zu beantworten. Kommen Sie aber schnell zum Punkt und reden Sie um die Kündigung nicht herum. Anschließend an dieses Gespräch auch zumindest 10 Minuten für sich selbst einplanen, da solche Gespräche für den Vorgesetzten extrem belastend sind.
Gebot  4: Dokumentation und Schriftform zu Beweiszwecken
Dokumentieren Sie die Gründe, warum Sie sich von einem Mitarbeiter trennen und was Sie an Alternativmaßnahmen vorher alles versucht haben. Nehmen Sie zum Trennungsgespräch immer auch eine rechtlich korrekt ausgeführte, schriftliche Ausfertigung mit. Ersuchen Sie den Gekündigten, die Übernahme des Dokuments zu bestätigen. Falls das verweigert wird, wiederholen Sie die Kündigung/Entlassung unter Zeugen und/oder übermitteln Sie das Dokument per Einschreiben/per Boten. Von Kündigungen und Entlassungen per SMS, Whatsapp, Telefon etc. ist abzuraten. Fertigen Sie nach dem Trennungsgespräch ein Gedächtnisprotokoll an. Einvernehmliche Beendigungen sollten immer schriftlich getroffen und von beiden Seiten unterzeichnet werden.
Gebot 5: Bleiben Sie ruhig und wertschätzend
Hören Sie sich die Reaktionen des Betroffenen in Ruhe an und wiederholen Sie ggf. Ihre wichtigsten Punkte. Bleiben Sie wertschätzend, werden Sie nicht aggressiv und verteidigen Sie sich nicht.
Gebot  5: Vermeiden Sie Drucksituationen
Unterlassen Sie in Trennungsgesprächen, besonders in Gesprächen über eine einvernehmliche Auflösung, jeden unzulässigen Druck, z.B. durch Drohungen oder psychische/physische Gewalt. Sonst hilft auch die beste Generalklausel nichts. Sofern der Arbeitnehmer die Beiziehung einer Vertrauensperson wünscht, kommen Sie diesem Ersuchen nach. Führen Sie Trennungsgespräche nicht zu „Unzeiten“ (Geburtstag, während/kurz vor/kurz nach Urlaub oder Krankenstand).
Gebot 6: Bieten Sie auch ein Zweitgespräch an
Manche Arbeitnehmer sind so geschockt, dass sie das Endgültige der Situation nicht sofort realisieren. Geben Sie den Betroffenen die Chance sich zu informieren, mit Personen ihres Vertrauens zu sprechen. Trennungen am Dienstag auszusprechen und einen Zweittermin zwei, drei Tage später an zu bieten, ist empfehlenswert.
Gebot 6: Seien Sie vorsichtig bei der Nennung von Trennungsgründen
Es besteht grundsätzlich keine Pflicht, Gründe für die Trennung zu nennen. Falls Sie entscheiden, Gründe zu nennen, wählen Sie Ihre Worte mit Bedacht und haben Sie Beweise parat. Vermeiden Sie jede Diskriminierung wegen des Alters, Geschlechts, einer Behinderung, der Religion oder Weltanschauung oder sonstigen verpönten Motiven. Es sind nicht nur unmittelbare, direkte Diskriminierungen („Sie sind zu alt für diesen Job“), sondern auch mittelbare, versteckte Diskriminierungen („Sie kennen sich mit den neuen Technologien einfach nicht mehr aus“) kritisch.
Teilen.