Die Symbiose der Talent Pools – wie sich TRM, Personalberater und Recruitingsysteme ergänzen

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Jan Pichler ist CEO und Co-Founder der Talent Pool Company myVeeta. Warum es wichtig für Unternehmen ist, Talentpools für den Aufbau langfristiger und qualitativ hochwertiger Beziehungen mit potentiellen Kandidaten zu nützen, erklärt er im folgenden Interview. Außerdem – wieso Talent Relationship Management Systeme keine Konkurrenz für Personalberatungen oder Recruitingsysteme sind:

Wie sehen Sie die aktuelle Situation am Arbeitsmarkt und was bedeutet das für Talentmanagement?

Wir beobachten zusammen mit unseren Kunden einen Wandel auf dem Arbeitsmarkt. Früher hatte man teilweise Probleme damit, gewisse Felder zu besetzen, weil es zu wenige Bewerbungen gab. Mittlerweile ist es so, dass viel mehr Bewerbungen eintreffen – auch, weil aktuell einige Leute auf den Arbeitsmarkt zurückgekehrt sind und nach Arbeit suchen. Dadurch reduziert sich jedoch zum Teil die Qualität der Bewerbungen. Während man früher der Challenge ausgesetzt war, überhaupt Bewerbungen zu lukrieren und die gewünschte Zielgruppe zu erreichen, haben wir momentan ein eine Situation, die dem Arbeitsmarkt in Amerika stark ähnelt.

Herausfordernd ist, dass man eine große Anzahl an Bewerbungen bekommt und in diesem Pool die qualitativ guten Bewerber suchen muss. Sehr einfach ist das natürlich auch nicht. Das ist das Feedback, das wir immer wieder von unseren Kunden zu hören bekommen.
Dabei ist das Thema Talentmanagement nicht weit. Ein wesentlicher Bestandteil des Talentmanagements ist die Qualität der Beziehung zu den Talenten. Im Normalfall schafft man sich über Talentmanagement eine qualitativ bessere Pipeline. Das sind Personen, bei denen man weiß, sie sind erreichbar und sie interessieren sich für unsere Jobs. Außerdem sind die Profile aus dieser Pipeline auch für die Unternehmen wichtig – man weiß, über welchen Kanal ein Kandidat in den Pool hineingekommen ist und auch, dass er eine gewisse Qualität mitbringt, sonst wäre er nicht drinnen.
Talentmanagement ist eines der Werkzeuge, das Unternehmen dabei hilft, die Qualität der Kandidaten möglichst hoch zu halten. Nämlich, indem man hauptsächlich auf Kandidaten zurückgreift, die man eventuell schon kennt, zu denen bereits eine Beziehung besteht und man weiß, dass sie qualitativ gut sind.

Zusammenfassend gesagt besteht momentan ein erhöhter administrativer Aufwand für Recruiter – wenn es weniger Bewerbungen gibt, ist es nicht schwer, diese zu administrieren. Wenn man sich die Bewerbungen verdienen muss und wenige bekommt, ist das ein marketingtechnisches Problem. Gibt es viele Bewerbungen, dann geht das ganz klar auf die Administration – dann ist das große Thema, die Profile zu reviewen und zu schauen, ob jemand dabei ist, der passt.

Generell schneidet man Talent Management sehr stark auf die Zielgruppe zu, es ist aber zeitgleich auch eine lebende Sache. Das heißt es gibt Unternehmen, die sagen, ich brauche möglichst viele Talente in meinem Pool und mir ist die Qualifikation nicht so wichtig, weil die Jobs, die ich vergebe, vielleicht anderweitig fordernd sind, aber die Qualifikation dabei nicht so wichtig ist. Dann baut man sich einen breiten Pool an Leuten auf und lädt jeden ein, der hinein möchte. Andere Unternehmen wollen das Qualitätsniveau in ihrem Pool möglichst hoch halten und laden dann beispielsweise nur ehemalige Praktikanten oder zweitgereihte, sehr gute Bewerber ein. Diese Unternehmen achten darauf, dass sie einen hohen Qualitätsstandard halten. Das geht beispielsweise so weit, dass Talente individuell in den Pool eingeladen werden. Jede einzelne Person, die sich für diesen Pool anmeldet, erhält dann von den Recruitern ein persönliches Begrüßungsvideo. Es geht also von sehr breit bis sehr spezifisch.
In letzter Zeit reduzieren viele Unternehmen ihre Breite ein bisschen, da sich momentan sehr viele Leute für offene Talentepools anmelden. Viele Unternehmen laden selektiver Leute in ihre Talentpools, anstatt einen offenen Pool zu haben. Dadurch möchten sie die Qualität hoch halten. Wir im Marketing und Sales, muss man auch seinen Talent Relationship Management Ansatz an den Markt anpassen. Wenn der Markt sich ändert, muss man mit seinem Marketing nachziehen – genauso ist es auch beim Talent Relationship Management.

Kann hier myVeeta unterstützen und wenn ja, wie?

myVeeta kann unterstützen – sowohl in einem Umfeld, in dem nur wenig Kandidaten vorhanden sind als auch in einem Umfeld, in dem viele Kandidaten zu finden sind. Im Rahmen der eigenen Talentpipeline kann man Leute langfristig entwickeln.
Den Großteil der Kandidaten, die in einer Talentpipeline sind, kennt man schon bzw. man hatte bereits Interaktionen mit ihnen. Dadurch ist es wesentlich leichter, Kandidaten zu finden, die passen und bei denen man sich sicher ist, dass sie qualitativ gut sind und man ihnen den Job auch zutraut. Es passiert weniger, dass sich Leute bewerben, einfach nur um die Arbeitsmarktlage zu checken. Genau dann macht es auch Sinn, weiterzusprechen.

Sehen Sie myVeeta als Konkurrenz zu klassischen Recruitmentsystemen und Personalberatungen?

Das ist ein häufiges Missverständnis, über das wir stolpern – nämlich, dass Recruitingsysteme und Talent Relationship Management Systeme gleichzusetzen sind. In Theorie kann man auch in einem Recruitingsystem einen Talentepool aufbauen – genau so, wie man sein Recruiting auch mit Excel abwickeln könnte, wenn man das wollte. Aber in der Praxis hat es sich sehr stark bewährt, Systeme einzusetzen, die den jeweiligen Zweck ideal unterstützen und es ermöglichen, reflektiv zu arbeiten. Für einen Recuruitingprozess der funktionieren soll, wird man immer ein Recruitigsystem und nicht Excel benützen, wenn man auf eine gewisse Professionalität Wert legt. Für TRM hingegen wird man immer ein richtiges Talent Relationship Management System nehmen und kein Recruitingsystem oder Excel. Und zwar, weil die Anforderungen einfach sehr unterschiedlich sind – man benötigt ein eigenes System, um effektiv arbeiten zu können.
Recruitingsysteme bieten eine Prozessunterstützung, während TRM Systeme sehr stark auch als Marketingtool fungieren. Dabei geht es darum, wie man mit seinen Talenten in Kontakt tritt, was man ihnen anbieten kann und über welche Kanäle das am besten funktioniert. Weiters hilft es dabei, Talente zu segmentieren und Angebote bzw. verschiedene Aktionen für die Zielgruppe herauszufiltern. Für all diese wichtigen Überlegungen sind üblicherweise TRM Systeme eine wesentlich bessere Wahl. Deshalb sind wir keine Konkurrenz.

Mittlerweile verstehen immer mehr Unternehmen, dass Recuruitingsysteme für die Prozessautomatisierung zuständig sind, währen TRM Systeme den Aufbau einer langfristigen Beziehung zu interessanten Talenten unterstützen.
Insofern machen wir auch Personalberatern keine direkte Konkurrenz, weil sie ein weiterer Schritt in dieser Kette sind. Unternehmen rekrutieren und suchen Mitarbeiter – und zwar über klassische Jobanzeigen oder aktiv im eigenen Talentepool. Es wird aber immer Jobs geben, die schwierig zu besetzen sind oder wo sehr viele Bewerbungen zugeschickt werden. Da kann man entscheiden, auf ein weiteres Tool – nämlich die Personalberater – zurückzugreifen. Diese haben ein ganz anderes Netzwerk und einen diverseren Ansatz und ergänzen somit den gesamten Prozess.

Für mich sind all das Teile eines Recruitingportfolios. Je nachdem, um welche Position es sich handelt und wie schnell diese besetzt werden muss, nützt man entweder den einen oder den anderen Teil. Untereinander machen sich diese Tools aber keine Konkurrenz.
Jedes Unternehmen muss sich ein Portfolio an Tools zusammenstellen, mit dem es rekrutiert. Seien das Jobanzeigen, aktive Suchen in den öffentlichen Talentepools, interne Mitarbeiterbewerbungs- oder Empfehlungsprogramme oder eben TRM  Systeme oder Personalberater. Das Portfolio trägt wesentlich dazu bei, den Personalbedarf möglichst ideal zu bewältigen. Oft greift man auch auf mehrere Tools aus dem Portfolio zurück, denn sie ergänzen einander.

 

Interviewt: 26.11.2020, Jan Pichler, CEO und Co-Founder myVeeta (Talent Solutions GmbH)

https://www.myveeta.com/

 

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