Weniger arbeiten – mehr leisten

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Von Leslie A. Perlow und Jessica L. Porter

Berater, Banker, Wirtschaftsprüfer, Manager – sie alle haben das Gefühl, immer im Dienst zu sein. Doch niemand muss sich zum Sklaven von Blackberry und engen Projektvorgaben machen. Ein groß angelegtes Experiment bei der Boston Consulting Group zeigt, wie kluges Zeitmanagement Zufriedenheit und Produktivität erhöht.

Für die meisten modernen Wissensarbeiter ist es selbstverständlich geworden, der Arbeit allerhöchste Priorität einzuräumen. Vor allem Manager, Investmentbanker und Unternehmensberater sind überzeugt davon, dass ein Allzeit-bereit-Arbeitsethos unerlässlich ist, wenn sie und ihr Unternehmen Erfolg haben wollen.

Die Zahlen sprechen für sich: Laut einer Umfrage, die wir im Jahr 2008 unter 1000 solcher Mitarbeiter durchführten, arbeiten 94 Prozent mindestens 50 Stunden pro Woche. Fast die Hälfte der Befragten brachte es sogar auf mehr als 65 Wochenstunden. Und dabei sind die 20 bis 25 Stunden pro Woche noch nicht eingerechnet, in denen die meisten von ihnen ihre Blackberrys checken, wenn sie nicht im Büro sind. Außerdem gaben die Befragten an, fast immer innerhalb einer Stunde auf die Nachricht eines Kollegen oder Klienten zu antworten.

Trotzdem können Berater und andere Angehörige der sogenannten Professional Service Firms (also auch Investmentbanker, Wirtschaftsprüfer, Anwälte und IT-Experten) höchste Anforderungen an die Qualität ihrer Arbeit erfüllen und sich dabei regelmäßige, ununterbrochene Auszeiten gönnen. Das zeigen unsere Forschungen der vergangenen vier Jahre in mehreren nordamerikanischen Büros der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG). Man muss die kollektive Überzeugung, dass alle Mitarbeiter ständig verfügbar zu sein haben, nur einmal infrage stellen. Dann zeigt sich sehr rasch, dass die Berater sich nicht nur regelmäßig freinehmen können, sondern dass auch die Qualität ihrer Arbeit davon profitiert. Unsere Experimente mit geplanten Auszeiten stießen einen offeneren Dialog unter den Teamkollegen an, was an sich schon von Vorteil ist. Aber nicht nur das: Die verbesserte Kommunikation setzte auch neue, effizientere und effektivere Arbeitsprozesse in Gang.

Wir bezeichnen die vorher genau festgelegten Zeitspannen, die Berater sich freinehmen mussten, als "geplante Auszeiten". Diese kommen noch zu der Zeit hinzu, die sie in Phasen mit geringerem Arbeitsanfall schon immer freigenommen haben. Wir legten die geplanten Auszeiten zu Beginn eines Projekts fest und forderten die Mitarbeiter dazu auf, sich diese Zeiten hundertprozentig freizuhalten – sie durften also weder ihre E-Mails abrufen noch ihren Anrufbeantworter abhören. Dieses Konzept war vielen Beratern so fremd, dass wir einige förmlich dazu zwingen mussten, sich an ihre Auszeiten zu halten, vor allem wenn diese in Phasen hoher Arbeitsintensität fielen. Letztendlich begannen die Berater ihre geplanten Auszeiten jedoch zu genießen und freuten sich darauf – vor allem als sich herausstellte, dass davon auch die Qualität ihrer Arbeit profitierte.

Mehr dazu hier: http://wissen.harvardbusinessmanager.de/wissen/leseprobe/68095773/artikel.html, 4. Juli 2010

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