Scharfe Worte zum Branchenabschied

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Ein Doyen der Personalberatung in Österreich hört auf – Peter Eblinger geht in Pension und schaut zurück

1323921221115Er würde alles wieder genauso machen. Das sagt Peter Eblinger (66) auf dem Weg in den sogenannten Ruhestand – ein Großer der heimischen Personalberatung, der vor 21 Jahren, in der Frühzeit der Branche in Österreich Eblinger & Partner aufgebaut hat – eine Beratung mit mittlerweile 25 Mitarbeitern und 150 Such- und Personalentwicklungsaufträgen im Jahr. Die Firma ist an seine Kinder Charlotte und Florens übergeben. Jetzt werden seine Möbel aus dem Büro in der Wiener City "nach Hause" gebracht. Nach 40 Jahren beginne man doch, Schönes außerhalb der Arbeit zu sehen, und "halbe Sachen" lagen ja nie in seinem Naturell, also: Jetzt geht er ganz aus dem Unternehmen. Wenn man die Kinder zur Selbstständigkeit erzogen habe, dann seien sie eben auch selbstständig, lächelt er: "Kinder als solche weiter zu beschützen – auch das hört sich auf, weil sie es nicht zulassen."

"Stolz" ist nicht sein Wort ("Klingt wie Pfau", sagt Eblinger), aber "Freude" schon: Die habe er auch in den nunmehr zwei Jahren des Loslassens gehabt, weil er gesehen habe, es geht auch ohne ihn. Wobei er, gern mit Beiworten wie "Doyen der Branche" und "Gentleman" bedacht, sehr zufrieden zurückschauen kann: Senkrechtstart als Nischenplayer im Bereich Life-Sciences, binnen kurzem unter den Top Ten der Zunft in Österreich, mit dem Attest einer sehr guten Visitenkarte vonseiten der Branchenkollegen – aus seiner "Schule" kamen eine Menge "junger, exzellenter" (Eblinger) Berater in den Markt. Als seinen persönlich größten Erfolg nennt er, "dass die Arbeit mit Menschen für mich immer erfüllend war, mir immer Spaß gemacht hat, dass ich so viele tolle Persönlichkeiten auf Mitarbeiter-, Kunden- und Kandidatenseite kennengelernt habe."

Stark verändert hat sich – abgesehen vom Einfluss der neuen Medien – die Branche selbst. Nicht nur, dass sie sich auf wohl deutlich über 200 Anbieter verfünffacht hat. Mittlerweile hat die Branche auch ein Imageproblem. Da findet Eblinger, der sich 20 Jahre für einen gemeinsamen transparenten Ethikstandard seiner Branche erfolglos eingesetzt hat, jetzt sehr klare, harte Worte:

Selbstdarsteller, Kulissen

Das liege am "Heer von Mitläufern, das Lebensläufe herumschickt oder einfach ausgeschriebene Positionen auf die eigene Website stellt", sagt Eblinger – er sagt es nun mehr enttäuscht als empört. In der Masse sei die Personalberatung heute "dominiert von Selbstdarstellern mit großer Kulisse und wenig Hintergrund".

"Der Markt ist noch intransparenter geworden, Kunden und Kandidaten haben ein Vertrauensproblem." Auf der anderen Seite der Unternehmen bedauert er "eine noch immer wachsende Begehrlichkeit nach Wunderwuzzis" – da habe seine Branche in der Kundenberatung Versäumnisse angehäuft. Ebenso hätten die professionell und qualitativ hochwertig Arbeitenden zu wenig kommuniziert, was Qualität bedeute und bedinge. Kunden seien so verführbar durch Preisdumping und Marktschreierei geworden. Schnelllebigkeit und der Druck, billige Angebote anzunehmen, täten das Ihrige. Gerade wenn es um das Zueinanderpassen von Menschen im Arbeitsleben gehe, sei das schnelle Geschäft "schädlich". Personalberater seien oft lediglich der verlängerte Arm der Firmenleitung, und dort würden oft bequeme Mitarbeiter gesucht, die nicht stören, die Ja sagen.

Eblinger: "Es ist das, was uns im ganzen Wirtschaftsleben abgeht: Moral und Ethik – sie sind so oft nur mehr ökonomisiert, geopfert." Mitarbeiter seien nicht ein "Werkzeug zum Erfolg" – wer nicht fair, nicht transparent agiere, wer nicht spürbar und zugewandt führe, werde nie "die Besten" gewinnen und halten können. Gewisse Entzauberungen scheinen also auf dem Weg zu liegen? Ja, sagt er, aber es habe ihn schon immer ein "fast übertriebener Gerechtigkeitssinn" getrieben. Und: "Es mangelt mir nicht an Selbstbewusstsein." Dazu gesellt sich Geduld, die er in seinen 20 Jahren in der Pharmaindustrie (vom Außendienst bis zur Geschäftsführung) lernen musste. Als Basis für das Gelungene sieht er aber, dass er im Elternhaus in einem "liebevollen, problemfreien Umfeld" aufgewachsen sei. Eblinger: "Das bringt das Glück auf die Seite."

Quelle: Karin Bauer, DER STANDARD, Printausgabe, 17./18.12.2011 und http://derstandard.at/1323916615438/Personalberater-hoert-auf-Scharfe-Worte-zum-Branchenabschied
Foto: Standard/R. Newald

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