Diskussion: Manchmal ist ein Nein zum Personalberater besser

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„Wie manage ich Headhunter?“ wollte eine Podiumsdiskussion an der WU klären – und griff im Gespräch eine breite Themenpalette rund um die modernen Arbeitswelten auf: von gehetzten Jungkarrieristen, veränderten Berufswünschen und engen Suchprofilen.

Diskussion_manchmal_nein_personalberater_gruppe_fabry20120427115106Was macht der umgangssprachliche Headhunter oder, neutraler formuliert, Personalberater? Für viele Berufseinsteiger ist das eine Black Box. In der Reihe „WU Career Talks“ des Alumni Clubs der Wirtschaftsuniversität Wien versuchte am Dienstag eine Podiumsdiskussion etwas Licht in die Sache zu bringen. Mit dabei waren WU-Vizerektor Michael Meyer, Andrea Schmoranzer-Jerabek, Östereich-Geschäftsführerin von L'Oréal Luxe, Gertrude Suschko, Sales Director bei Procter & Gamble in Österreich, und Günther Tengel, geschäftsführender Gesellschafter der Personalberatung Amrop Jenewein. „Die Presse“ fungierte als Medienpartner der Veranstaltung.

Schnell zeigte sich, dass Unterhaltungen über die Personalberaterbranche zwangsläufig zu angeregten Diskussionen über die heutige Arbeitswelt werden. Tengel warnte vor einem zu hohen Tempo, das sich viele Berufseinsteiger heutzutage selbst auferlegen.

Ins Aus befördert 

Er nannte das Beispiel eines jungen Managers, der zwar hochtalentiert war, aber so lange Jobangebote jenseits seiner Kompetenzen angenommen habe, bis er mit Mitte 30 endgültig aus dem Karriereleben verschwunden war. „Entwickeln Sie sich quer – sammeln Sie also Erfahrungen in verschiedenen Bereichen und bilden Sie sich so eine gute Basis. Das dauert natürlich länger als sich rasch nach oben zu hanteln“, empfahl Tengel den Absolventen im Publikum. Dazu gehöre, dass man auch mal Nein zum Angebot eines Personalberaters sage, wenn man noch nicht gut genug für den Job ist.

Die beiden Vertreterinnen der internationalen Konzerne zeigten sich nicht als klassischen Headhunter-Kunden. „Wir haben eine ganz klare Politik, weiterführende Stellen nur mehr intern zu besetzen. Ich habe auf höherer Managementebene gar keine Möglichkeit, aus dem Markt einzustellen“, sagte Suschko. Laut Schmoranzer-Jerabek sieht das im L'Oréal-Konzern ganz ähnlich aus. „Mit Personalberatern arbeiten wir bei unplanbaren, kurzfristigen Fällen, wenn Sie so wollen, in Notfällen. Sonst versuchen auch wir, intern zu besetzen.“

Veränderte Anforderungen 

„Was die Absolventen suchen, hat sich verändert“, sagte Meyer. „Es gibt so etwas wie eine Vertrauenskrise gegenüber der Company World.“ Der Anteil jener, die Karriere in einem großen Unternehmen machen möchten, werde regelmäßig kleiner. Viele würden lieber in Non-Profit-Organisationen arbeiten. „Was aber nicht heißt, dass am Ende nicht erst recht wieder viele in den Unternehmen landen.“ Diese Erfahrung ist auch Schmoranzer-Jerabek nicht fremd. „Als Studentin war mir klar: auf keinen Fall zu Unilever und schon gar nicht Waschmittelmarketing. Begonnen habe ich dann genau dort – und ich habe viel dabei gelernt.“

Die Konzernwelt ist auch nicht unbedingt das, was man sich darunter vorstellt: „Wir bieten heute eine ganze Reihe unterschiedlicher Arbeits- und Karrieremodelle an, ermöglichen Sabbaticals und Auslandsaufenthalte“, sage Suschko – alles Antworten auf die Anforderungen der jungen Generation.

Offenbar ist der Horizont in den Chefetagen aber noch nicht überall breit genug. „Wir kämpfen regelmäßig gegen viel zu enge Profile, die wir von unseren Kunden bekommen“, sagte Tengel. Statt über den Tellerrand zu blicken und die Fühler etwa auch in Richtung junger Selbstständiger auszustrecken, zeichnen sich die Unternehmen das Bild von der einen idealen Besetzung für eine Stelle, die so oft nicht zu finden ist. 

Quelle: "Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2012

Foto: Die Presse, Clemens Fabry

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